Leidenschaft, Sinn und Vision - wem es tatsächlich gelingt, diese Dinge in seiner beruflichen Tätigkeit zu leben, zu spüren und umzusetzen, der kann sich wirklich glücklich schätzen. Oft entspringen diese Gefühle und Ideen dem tiefen Wunsch, etwas Gutes zu tun, die Welt ein wenig besser zu machen und anderen Menschen zu helfen. Um herauszufinden, wie es sich anfühlt, all das in seinem Beruf zu vereinen und wie man dorthin kommt, spreche ich mit der Herzblut-Unternehmerin Birgit Behnke. Sie ist eine, die das alles - mehr oder weniger - für sich verwirklicht hat und auf jeden Fall zu 100 Prozent lebt.  Sie zeigt Menschen in Unternehmen und in Einzelcoachings die Zusammenhänge von Ernährung, Darmgesundheit und Bewegung auf und möchte sie durch ganz elementare Einblicke in diese Themen befähigen, ihre volle Kraft zu entfalten.

Daniel Kövary (Gründer stuul): Liebe Birgit, ich freue mich sehr, Dich interviewen zu dürfen und dabei mehr über zwei Dinge zu erfahren, die auch mich als “Toilettenhocker-Unternehmer” schon lange sehr interessieren: Zum einen die Verbindung von Beruf und Leidenschaft, die - wenn es gelingt, beides unter einen Hut zu bringen - oft wunderbare Blüten treibt und zum anderen das Thema Darmgesundheit und ihre große Bedeutung für unser Wohlbefinden. 

Aber der Reihe nach. Warum stellst du dich nicht kurz unseren Lesern vor und erzählst uns, wie du zum Thema Darmgesundheit gekommen bist?

Birgit Behnke: Hey lieber Daniel, da hast du bei mir aber ein Fass aufgemacht. Ich danke dir so sehr, dass wir diese Plattform hier nutzen und dass wir uns kennenlernen durften. Wir sprechen die gleiche Sprache und das macht Spaß...

Ich wurde 1965 als 4. Kind geboren. Familiäre Schicksalsschläge haben uns nicht losgelassen. Vieles kompensierte ich durch Essstörungen mit Gewichtsschwankungen von bis zu 60 kg rauf und runter. Damals war ich etwa 20 Jahre alt. Die Folgen spüre ich heute noch!

Gelernt habe ich Schneiderei, Modedesign und biologisch-technische Assistentin, wo ich mir zum ersten Mal den Darm genauer betrachten durfte und dachte, was ist das für ein tolles Organ! Im Alter von 32 Jahren habe ich das Blatt und mein Leben gewendet und das Essen, das früher mein Feind war, endlich als Freund gesehen. Ausbildungen wie: Fitness- und Ernährungstrainerin, Gesundheitstrainerin, NLP, Heilpraktikerin für Psychotherapie und Beraterin für Darmgesundheit manifestierten alles.

So, und nun bin ich seit fast 25 Jahren im betrieblichen Gesundheitsmanagement, Paracelsus Kliniken und als Autorin unterwegs, um das schambesetzte Thema Darm, Essen, Stuhlgang etc. an den Menschen zu bringen.

Ich höre lieber auf, das sprengt hier sonst noch den Rahmen! :-)

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Daniel: Bei mir im Bad liegt ein sehr lustiges Büchlein von dir mit dem wunderbaren Titel “Ach Du Kacke - Klugschisse to go”. Das lese ich immer mal wieder, wenn ich mich dort aufhalte. Es steht übrigens neben dem anderen Buch, das genauso ideal für die Zeit auf dem Klo ist: “64 Grundregeln ESSEN” von Michael Pollan. Irgendwie sind sie sich ähnlich. Nach dem Motto “Oben rein, unten raus” helfen mir die kurzen Kapitel beider Bücher in diesen ruhigen Momenten, mir die Themen Ernährung und Verdauung und deren Bedeutung immer wieder bewusst zu machen.

Erzähl uns doch kurz, wie es dazu kam, dass du dieses Buch geschrieben hast und worum es darin genau geht.

Birgit: Das Buch von Michael Pollan ist auch grandios…wirklich super zusammengefasst. Was hat mich bewogen, mich auf das dünne Eis der Autoren zu begeben? Nun, ausschlaggebend war eigentlich, dass mich viele gefragt haben: "Birgit, sag mir doch mal schnell, was ich machen kann!" Das geht leider nicht mal eben so und dann auch noch ganz individuell, aber ein paar kleine “Hack’s” kann man immer geben. So bin ich auf die Idee gekommen, das Ganze mal schriftlich festzuhalten.

Dafür habe ich mir drei super kompetente Frauen geschnappt, die mit mir dieses kleine Büchlein  liebevoll befüllt haben. Unser Ziel war es: Es soll schön und ansprechend aussehen, Lust aufs Lesen machen und tatsächlich die kleine Darm- und Ernährungshilfe für zwischendurch sein! Viele haben es in der Tat auf der Gästetoilette liegen... Das ist der schönste Ort, den ich mir für dieses brisante literarische Thema vorstellen kann... :-)! Die Inhalte habe ich nach den gängigsten Fragen ausgesucht, die ich in meiner Praxis höre.

Daniel: Welchen “Klugschiss” ich in deinem Büchlein natürlich schmerzlich vermisst habe, war der zum Thema “Sitzhaltung auf dem Klo”. Wie stehst du zu unseren westlichen Sitztoiletten und welche Auswirkungen haben sie deiner Meinung nach auf unsere Darmgesundheit?

Birgit: Hahahah… das stimmt. aber ich schreibe bestimmt noch ein paar weitere kleine Büchlein und da ist der stuul ganz vorne mit dabei.

Ich liebe ihn und finde, er sollte vor jeder Toilette stehen. In meiner Praxis habe ich viele Menschen, die unter Verstopfung leiden oder auch einen sehr schleimigen Stuhl haben, bei dem sehr viel abgewischt werden muss. Auch das Gefühl, sich nicht richtig entleeren zu können, wird oft genannt. Dies führt bei manchen zu kaltem Schweiß auf der Oberlippe. 

Euer Toilettenhocker stuul ist auch bei meinen Beratungen für Parkinson-Patienten in der Paracelsus-Klinik immer dabei. Hier feiern wir wirklich “Erfolge”, wenn ich das so nennen darf! Verstopfung ist das erste Symptom bei Parkinson - schon Jahrzehnte im Voraus - und ist häufig auch akut bei den meisten meiner Patienten vorhanden. Teilweise liegt es auch an der Medikation. Sie sind dankbar für jede Unterstützung, die nicht medikamentös ist. Einfacher als mit der richtigen Sitzhaltung durch die Verwendung eines Toilettenhockers können wir nicht unterstützen.

Unsere Sitzhaltung oder generell unser Stuhlverhalten ist alles andere als gesund, entspannt und erleichternd für den Darm. Die Toiletten sind zu hoch oder zu niedrig, wir nehmen uns keine Zeit, benutzen feuchte Tücher zum Abwischen und nicht selten ist das Handy mit auf der Toilette. 

Ich will gar nicht so viel mit dem erhobenen Zeigefinger arbeiten. Warum die Hockhaltung beim täglichen Stuhlgang so wichtig ist, beschreibst Du wunderbar auf Deiner Seite, ich beschäftige mich eher mit dem Beginn der Verdauung. Wir haben unsere Verdauung nämlich zweimal im Griff: Das erste Mal beim Essen, also, wie oft wir kauen. und das zweite Mal bei unserem Stuhlgang. Bei beidem lassen wir uns keine Zeit und haben die falsche Haltung. Dass es da manchmal unrund läuft im Bauch ist nicht verwunderlich!

Die fatalen Folgen können unter anderem Hämorrhoiden, Verstopfung natürlich und daraus resultierende Krankheiten wie Analfissuren, Depressionen, Parkinson, Hautkrankheiten, Übergewicht und vieles mehr sein. Wir sollten uns für diese Dinge einfach etwas mehr Zeit nehmen, ganz ohne Druck. Es ist doch so leicht, etwas gründlicher zu kauen und die richtige Haltung auf dem Klo einzunehmen. 

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Daniel: Vielen Dank! Es freut mich sehr, dass Dir unser Design-Toilettenhocker so gut gefällt.

Was Du über Deine Tätigkeit mit den Parkinson-Patienten in der Paracelsus-Klinik berichtest, ist wirklich sehr interessant. Ich wusste gar nicht, dass Verstopfung ein Symptom von Parkinson sein kann und frage mich, was bei den Patienten wohl zuerst da war. Grundsätzlich zeigt es aber wieder einmal sehr deutlich, wie eng Darm und Gehirn miteinander verbunden sind. Gibt es noch andere Erkrankungen oder Beschwerden, die beide Organe gleichermaßen betreffen? Du hattest zum Beispiel Depressionen erwähnt.

Birgit: Ja, darüber sind viele Patienten erstaunt und die meisten sagen dann: “Hätte ich das mal schon früher gewusst!”

Inzwischen ist die Forschung weit fortgeschritten. Es wird berichtet, dass fast alle Krankheiten, die nicht ansteckend sind, ihren Ursprung im Darm haben, also Stoffwechselstörungen sind. Das behaupte nicht ich, sondern viele Forscher und Experten, die leider immer noch oft belächelt werden. 

Um einen “Großen” aus ihren Reihen zu nennen: Prof. Dr. Gregor Hasler mit seinem Buch: Die Darm-Hirn-Connection - Revolutionäres Wissen für unsere psychische und körperliche Gesundheit (ISBN9783608983845). Dieses Buch ist wirklich grandios. Er sagt, Darm und Gehirn sind eigentlich ein Organ. Eine gesunde Darmflora hält auch das Gehirn gesund. Angefangen bei Konzentrationsproblemen über Allergien bis hin zu schweren neurologischen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Depressionen und Demenz haben ihre Ursachen im Darm. In allen Fällen spielt der Vagusnerv eine wichtige Rolle. Seine Versorgung muss durch ein intaktes Mikrobiom gewährleistet sein, und das ist bei Symptomen wie Verstopfung, Blähungen, Bauchschmerzen etc. nicht der Fall. All diese Anzeichen zeigen uns, dass wir etwas tun müssen! Mehr Anzeichen brauchen wir nicht, um zu wissen, dass wir etwas tun müssen! 

Du hast nach weiteren Folgeerkrankungen der Verstopfung gefragt. Hier nur einige wenige: Akne, Kopfschmerzen, Mundgeruch (keine Krankheit, aber unangenehm), Müdigkeit, Hämorrhoiden, Diabetes Typ 2, und viele mehr. Auch Blutdruck, Migräne und Rückenschmerzen können Begleiterscheinungen der Verstopfung sein. In diesen Fällen muss also nicht immer gleich medikamentös eingegriffen werden. Die Ursache kann nämlich auch im Darm liegen. Eine Schilddrüsenunterfunktion zum Beispiel belastet immer den Darm, immer! Und nur so am Rande: Verstopfungen begünstigen auch die Faltenbildung - auch das noch! 🙂

 

Daniel: Das ist wirklich unglaublich! Noch unglaublicher ist eigentlich nur, dass wir erst jetzt erkennen, wie wichtig der Darm für unser Wohlbefinden ist, und dass wir eigentlich alles tun, um ihm das Leben durch falsche Ernährung, wenig Bewegung, Dauerstress, Schlafmangel und - das muss ich natürlich erwähnen - eine falsche Körperhaltung bei der Darmentleerung im Sitzen so schwer wie möglich zu machen. Ich fasse zusammen:

Ein gestörter Darm ist die Ursache vieler chronischer körperlicher Beschwerden. Er ist der Eckpfeiler unseres Immunsystems und seine bidirektionale Verbindung mit unserem zentralen Nervensystem und dem Gehirn spielt eine entscheidende Rolle für unsere psychische Gesundheit. Oft wird er auch als unser zweites Gehirn bezeichnet, wenn wir zum Beispiel von Bauchentscheidungen sprechen. 

Bei körperlichen, geistigen oder auch seelischen Beschwerden lohnt es sich also immer, etwas für die Darmgesundheit zu tun. Aber wo genau soll man anfangen? Kannst du uns vielleicht eine Art Leitfaden oder Checkliste geben, wo man anfangen sollte? Was sind die “Quick Wins" und welche Punkte sollte man unbedingt mit einem Facharzt abklären?

Birgit: Ich bin wirklich so froh, dass der Darm mit all seinen weitreichenden und noch wenig erforschten Wirkungen und Aufgaben immer mehr in den Fokus der Schulmedizin rückt, nachdem er lange Zeit in der Alternativmedizin verortet war. Das Mikrobiom wird die Welt noch revolutionieren, da bin ich mir ganz sicher. Unsere Enkel werden vielleicht schon davon profitieren! Aber das ist ein anderes Thema.

Als erstes sollte man sich mal seinen Stuhl etwas genauer anschauen. Es gibt eine Stuhlform-Skala nach Bristol. Hier wird genau beschrieben, wie ein guter Stuhl aussieht und auch riecht! Der “normale” Stuhl ist leicht braun, riecht kaum oder gar nicht, man muss beim Stuhlgang nicht pressen, fühlt sich vollständig entleert und braucht kein Toilettenpapier, der Stuhlgang ist sauber. Das ist normaler Stuhl!

Wer nun eher zu Bristol 1-2 (Verstopfung) neigt, sollte unbedingt etwas dagegen tun. Und da kommen wir wieder zusammen: Euer Toilettenhocker stuul bietet nämlich alles, was man braucht, um sich richtig zu entleeren, weil der Darm schon im richtigen Winkel steht. Aber das kann man ja alles super auf deiner Homepage nachlesen.

Ernährungstechnisch empfehle ich hier dringend lange und gründlich zu KAUEN, das ist wirklich sehr wichtig. Dazu täglich Haferflocken und Akazienfasern. Drei Mahlzeiten am Tag und VOR dem Essen ein Glas Wasser! Kaffee erst eine Stunde nach dem Aufstehen. Bewegung und die richtigen Bakterien mit der Nahrung aufnehmen. Das geht gut mit fermentierten Lebensmitteln. Eventuell ist es ratsam, Milchprodukte zu reduzieren und auch das Gemüse lieber gekocht als roh zu essen. Ich könnte hier noch viele Seiten füllen, aber diese kleinen “Hacks” reichen für den Anfang!

Bitte unbedingt zum Arzt gehen, wenn die Verstopfung schon sehr lange anhält. Ich rate sogar schon, nach vier bis sechs Wochen “Qual” einen Arzt zu konsultieren. Auch Schmerzen beim Stuhlgang, Blut bis hin zu Fieber, generell Schmerzen im Unterbauch, die nicht weggehen, sollten abgeklärt werden. Die Folgeerkrankungen durch Verstopfung sind nicht zu unterschätzen.

Der Durchfall ist wieder ein anderes Thema. Hier liegt meist eher eine Reizung vor und genau wie bei der Verstopfung sollte man Durchfallbeschwerden auch sofort mit einem Arzt abklären, wenn sie länger anhalten.  Mit den Akazienfasern kann man generell sehr gut regulierend auf den Darm einwirken. Beim Entleeren ist es wichtig, sich Zeit zu lassen, den richtigen Winkel auf der Toilette einzuhalten. Der Darm ist sehr dankbar und lässt sich schnell “umprogrammieren”. Dranbleiben ist angesagt.

Daniel: Es ist sehr ermutigend, dass sich der Darm relativ schnell “umprogrammieren” lässt. Bei anderen Organen ist die Heilung ja oft nicht so einfach, wenn ich nur an das Herz oder die Lunge denke. Das hängt wahrscheinlich auch wieder mit dem Mikrobiom zusammen, das in seiner Zusammensetzung - und damit in seiner Interaktion mit dem Körper - relativ schnell auf eine Ernährungsumstellung reagiert. 

So gesehen liegt der Schlüssel zur “Umprogrammierung” in unseren Gewohnheiten, was, wie und auch wie oft wir am Tag essen. Sobald es uns gelingt, diese Essgewohnheiten nachhaltig zum Positiven zu verändern, können wir durch die Stärkung unseres Darms einen enormen Effekt auf unser allgemeines Wohlbefinden erzielen. 

Wie gehst Du mit Deinen Essgewohnheiten um? Hast du Erfahrungen, wie man sie am einfachsten und nachhaltigsten ändern kann?

Birgit: Du hast Recht... der Darm ist sehr dankbar, man muss ihn nur gut füttern! In meiner Praxis ist die größte Hürde tatsächlich die Umstellung. Meistens brauchen meine Gäste vorher einen großen Leidensdruck, um wirklich etwas zu ändern und in den Köpfen spukt oft nur das Wort “Verbot” oder “Verlust”. 

Das Mikrobiom kann sich schon innerhalb von 3 Tagen super neu sortieren und aufstellen. Dann kann es in dieser Zeit schon mal ein bisschen Unwohlsein geben, weil die Bakterien bitte ihre “alten” Lebensmittel und Gewohnheiten haben wollen.

Hier heißt es dann einfach: Anfangen, durchhalten, genießen!

Das Wichtigste und Einfachste ist dieser kleine Leitsatz: Es gibt Lebensmittel und Gewohnheiten, die gibt es IMMER, und es gibt andere, die gibt es MANCHMAL.

Der Speiseplan sollte sich immer an den folgenden B's orientieren: Ballaststoffe (Akazienfaser, Leinsamen usw.), Bakterien (Kefir, alter Käse, Kimchi usw.), Bitterstoffe (grünes Gemüse), Bunte Teller (mindestens 3 Farben Gemüse  auf dem Teller) und Bewegung (Nach dem Essen 10 Minuten spazieren gehen!)

Das ist einfach und leicht zu integrieren, und wenn die B’s zur Gewohnheit werden, klappt es auch mit dem Stuhlgang!

Daniel: Wenn man dann noch gut kaut, wie Du es vorhin dringend empfohlen hast, sollte man relativ schnell eine Veränderung zum Positiven feststellen. 

Birgit, vielen Dank für das sehr informative und unterhaltsame Interview. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich denke, dass unsere Leser wirklich gute Tipps mitnehmen konnten.

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MEHR ÜBER UNSEREN INTERVIEW-PARTNER

BIRGIT BEHNKE

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